21. November 2024

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Rallye Dakar: Sponsoren, Sport und gute Bilder

Mit der Rallye Dakar und anderen Wettkämpfen will Saudi-Arabien sich in der Sportwelt einen Namen machen. Kritiker sprechen von einer Imagepolitur auf dem Rücken des Spitzensports. Denn die Lage der Frauen- und Menschenrechte ist ihnen zufolge haarsträubend.

Vor dem Auftakt der Rallye Dakar hielt Chalid bin Sultan al-Faisal nochmal eine feierliche Ansprache.

Das Königreich am Persischen Golf sei ein «regionales und internationales Drehkreuz für den Motorsport» und habe seine «Fähigkeit als Ausrichter globaler Sportwettkämpfe» unter Beweis gestellt, sagte in einer Videobotschaft der Prinz, der auch Vorsitzender des Motorsportverbands SAMF in Saudi-Arabien ist. Mit dieser Haltung lädt Saudi-Arabien zur 42. Auflage der von Sonntag bis zum 15. Januar dauernden Wüsten-Rallye.

Fans fiebern dem Start entgegen, denn die 7600 Kilometer lange Strecke quer über die Arabische Halbinsel hat es in sich. Sie führt vom Küstenort Dschidda zunächst in den Süden, dann über die Hauptstadt Riad zu den Dünen der Nafud-Wüste im Norden und entlang der Küste des Roten Meeres schließlich zurück nach Dschidda. Im Januar 2020 hatte Saudi-Arabien das legendäre Rennen erstmals ins Land geholt, nachdem es elf Jahre in Südamerika zu Hause war.

Rallye-Direktor David Castera hatte beim Wechsel nach Vorderasien 2019 noch von einer «Reise ins Unbekannte» gesprochen. Dabei war die Kritik an dem ultrakonservativen Königreich schon in den Jahren zuvor bekannt: Fast nirgendwo auf der Welt sind die Frauen- und Menschenrechte so stark eingeschränkt wie in Saudi-Arabien. Der Weltöffentlichkeit vor Augen geführt wurde das spätestens mit dem brutalen Mord am regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul im Oktober 2018.

«Sportswashing» beklagen Kritiker, die Saudi-Arabien eine Imagepolitur auf dem Rücken des Sports vorwerfen. Mit Superstars und Millionengagen wolle das Land sich mit der Rallye und anderen Sportereignissen in ein freundlicheres Licht rücken, so der Vorwurf. Nach Einschätzung von Human Rights Watch tragen Sponsoren und Sender, die Wettkämpfe finanzieren und übertragen, eine Mitschuld. «Fans und Zuschauer müssen jenseits des Glamours dieser Ereignisse blicken», forderte die Organisation.

Der autoritär regierte Wüstenstaat geht unter der faktischen Herrschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman mit äußerster Härte gegen Kritiker vor. Dabei wird jegliche Opposition gegen die Regierung und die Herrscherfamilie mundtot gemacht, Aktivisten und Blogger müssen schon wegen kritischer Tweets die Festnahme fürchten. Erst am Montag wurde eine mehr als fünfjährige Haftstrafe verkündet für die bekannte Aktivistin Ludschain al-Hathlul, die sich für ein Ende des Frauen-Fahrverbots stark gemacht hatte.

In Saudi-Arabien wurden 2019 mit 184 Verurteilten so viele Menschen hingerichtet wie sonst nur im Iran und China. Im benachbarten Jemen bombardiert Saudi-Arabien mit Verbündeten Stellungen der Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Der Krieg hat in dem verarmten Land die schwerste humanitäre Krise weltweit ausgelöst.

Das Offroad-Spektakel in der Wüste, an dem auch wieder die deutschen Co-Piloten Timo Gottschalk und Dirk von Zitzewitz teilnehmen, ist nur der Anfang. Unter den international beworbenen Sport-Events in Saudi-Arabien waren auch die Formel E, Golfturniere und ein Boxkampf, bei dem Anthony Joshua sich zum Weltmeister im Schwergewicht kürte.

Für diese Ereignisse im Rahmen der teilweisen gesellschaftlichen Öffnung nimmt die Regierung in Riad viel Geld in die Hand. Boxer Joshua allein soll umgerechnet mehr als 65 Millionen Euro Gage kassiert haben.

Massenhaft Fans dürfte Saudi-Arabien auch in knapp einem Jahr erreichen, wenn am 28. November das erste Formel-1-Rennen im Land steigt. Der Weltverband Fia hatte dafür Mitte Dezember die Freigabe erteilt. Die Organisation Amnesty International sprach dabei von einem «anhaltenden Versuch, die katastrophale Menschenrechtsbilanz» reinzuwaschen. Das Land würde sich dann einreihen mit altbekannten Formel-1-Gastgebern wie Großbritannien, Italien und Monaco.

Bei der ganz großen Party – der Fußball-WM, die 2022 in Katar steigt – konnte die streng islamische Monarchie bisher nicht mitmischen. Die Hoffnung der Regierung, einige Turniere der erweiterten WM auszurichten, wurden enttäuscht. Auch die geplante Übernahme des englischen Fußballclubs Newcastle United durch ein Konsortium mit saudischer Beteiligung scheiterte – offiziell wegen wirtschaftlicher Unsicherheit durch die Corona-Pandemie.

Ein fast Olympia-artiges Großereignis ist dafür schon in Planung, das im März 2020 nur wegen Corona verschoben wurde: Wettkämpfe in Leichtathletik, Schwimmen, Basketball und rund 40 weiteren Sportarten sollten bei den «Saudi Games» die Schaulustigen locken. Teilnehmen sollen 6000 Athleten aus allen Teilen des Landes.

Von Johannes Sadek, dpa