24. November 2024

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Verstappen mit Champions-Drink – Aufräumen nach Zoff-Finale

Glückwünsche sogar aus dem Königshaus an den neuen Champion. Die Niederlande feiern Max Verstappen. Im Land und Team des geschlagenen Lewis Hamilton schäumen sie dagegen vor Wut. Ende offen.

Nach der erlösenden Nachricht beim Zitternachspiel auf dem Yas Marina Circuit gönnte sich Max Verstappen inmitten der Transporter und Gabelstapler einen Champions-Drink zum endgültigen Start in die rauschende Party-Nacht.

Die Aufräumarbeiten nach dem unfassbaren Rennende der Zoff-Saison werden aber noch länger anhalten. Verstappens Förderer Helmut Marko giftete Richtung Mercedes. Und in der Heimat des auf den letzten Metern geschlagenen Lewis Hamilton schäumte die Presse nach der «Final-Farce», dem «Raub» und «der überschrittenen Linie zwischen Wettbewerb und Reality Show».

«Historischer Tag» für niederländischen Sport

Über vier Stunden musste Verstappen auf das offizielle Ergebnis warten, während die Fans längst feierten, das Königspaar Maxima und Willem-Alexander stolz gratulierte sowie Ministerpräsident Mark Rutte einen «historischen Tag» für den niederländischen Sport pries. Rund 6600 Kilometer entfernt litten Verstappens Nerven bis zur Umarmung der finalen Glückseligkeit von Teamchef Christian Horner kurz vor Mitternacht mehr als vor dem Start in den Showdown einer mitreißenden Saison. Eine Saison, die mit einem mehr oder weniger inszenierten direkten Duell der WM-Rivalen auf allerletzten Runde ihren unfassbaren Höhepunkt erlebte.

«So gab die Formel 1 der Welt, was sie wollte», schrieb die britische «Daily Mail». «Aber indem sie das tat, schien der Sport das Konzept von Fairness, Gerechtigkeit und Chancengleichheit umzukehren. Er drehte ein bisschen am Regelbuch und entschied den Titel im Sinne des versprochenen Dramas und des Spektakels.» Er, das war Rennleiter Michael Masi, der mit einer umstrittenen Entscheidung für den ultimativen Kick auf den letzten fünf Kilometern dieser Saison sorgte.

Proteste von Mercedes sorgen für Zorn

Dass Mercedes darauf mit Protesten reagierte, ließ bei Red Bull einige erzürnen. Marko allen voran. Der 78 Jahre alte Österreicher nutzte die Gelegenheit nach dem Triumph im Titeldrama für eine Moralabrechnung. Es spreche «für die Gesinnung eines, ich würde sagen, unwürdigen Verlierers, wenn man solche Einsprüche und Proteste einlegt», betonte der Red-Bull-Motorsportchef: «Widerlich.» Eine Schande, befand Teamchef Horner. Schwer vorstellbar allerdings, dass gerade Red Bull im umgekehrten Fall alles klaglos hingenommen hätte.

Mit den Protesten scheiterten die Silberpfeile, Mercedes behielt sich aber das Recht auf eine Berufung vor. Bis Donnerstag – 96 Stunden nach Abgabe der Absichtserklärung – bleibt dem Team nach eigenen Angaben Zeit, um tatsächlich den nächsten Schritt zur Anfechtung des Verstappen-Sieges und Titels zu gehen. Am Montag war nach Angaben des Teams keine Stellungnahme geplant. Die Bosse des deutschen Werksteams vermieden schon am Sonntag jegliche Kommentare. Vermutlich besser angesichts des fortgeschrittenen Wutgrades von Teamchef Toto Wolff.

Verstappen: «Manchmal passieren Wunder»

Die Dimension der Entscheidung der Rennleitung in der Schlussphase des eigentlich schon gelaufenen Großen Preises von Abu Dhabi ist einfach enorm. Verstappen hatte gegen Hamilton unter normalen Umständen keine Chance. Crashs und Safety-Car-Phase gehören zwar immer dazu, beeinflussen aber den Rennverlauf.

Selten aber mit einer Bedeutung wie beim letzten Akt dieser Saison, als das Safety Car gerade noch so reingeholt wurde, dass es zum Showdown kam, den jeder Drehbuchautor mangels Glaubhaftigkeit eher wieder gestrichen hätte. Selbst Verstappen musste zugeben: «Manchmal passieren Wunder.»

Niemand, auch bei Mercedes, dürfte in Abrede stellen, dass der hochbegabte Niederländer mit insgesamt zehn Siegen den Titel nicht verdient hat. «Selten hat ein Formel-1-Fahrer schon in ganz jungen Jahren sein Talent so eindrucksvoll unter Beweis gestellt wie Max Verstappen», schrieb die «Kronen-Zeitung» aus dem Red-Bull-Land Österreich. «Die Frage tönt provokativ: Ist Max Verstappen ein verdienter Formel-1-Weltmeister? Ja, wenn man die ganze Saison in Betracht zieht», urteilte der Schweizer «Blick».

Er gewann fast die Hälfte der 22 Saisonrennen, er raste 18 Mal aufs Podium und startete zehnmal von der Pole. Er verlangte Sir Lewis Hamilton, dem siebenmaligen Weltmeister, der am Mittwoch im Windsor Palace zum Ritter geschlagen werden soll, wirklich alles ab. Er ging übers Limit hinaus, was er mit wohl allen der 33 Weltmeister vor ihm gemeinsam hat.

Bei Red Bull will Verstappen am liebsten einen Rentenvertrag. Wird es also womöglich der Start in eine neue Ära? Immerhin war er bei seinem ersten Triumph am Sonntag mit 24 Jahren und 73 Tagen nur rund ein halbes Jahr älter als Hamilton bei dessen Premierentriumph 2007. «Alles, was jetzt kommt, ist nur ein Bonus», sagte Verstappen, der am kommenden Donnerstag bei der offiziellen Zeremonie in Paris die WM-Trophäe bekommen soll. Am Tag der Deadline für die mögliche Mercedes-Berufung.

Von Jens Marx, dpa