22. November 2024

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Teilzeit-Rennfahrer Bradl: «Werden keine Bäume ausreißen»

Von seinen Erfolgen als Vollzeit-Motorradrennfahrer ist Stefan Bradl inzwischen weit entfernt. Als Vertreter von Marc Marquez liefert er dem Honda-Team aber wertvolle Daten.

Über den Erfolg seines früheren Arbeitgebers Aprilia konnte sich der deutsche Motorradpilot Stefan Bradl nicht freuen. Zu groß waren die Probleme des 32-Jährigen und seines Honda-Teams beim Premierensieg von Aleix Espargaró für den Hersteller aus Italien.

«Die Stimmung ist am Boden», sagte Bradl, der als Vertreter von Marc Marquez im Einsatz war, bei Servus TV. Das erfolgsverwöhnte Werk ist durch das mäßige Abschneiden in Argentinien auf den letzten Platz in der Konstrukteurs-WM zurückgefallen.

In der Vergangenheit war Bradl in Termas de Rio Hondo meist gut zurechtgekommen. Mit einer Aprilia belegte er 2016 Platz sieben. Zwei Jahre zuvor war er als Honda-Pilot gar Fünfter geworden. Der Unterschied zur Gegenwart: Damals war Bradl noch Vollzeit-Rennfahrer. Inzwischen kümmert er sich bei Honda vorrangig um die Entwicklungsarbeit, damit Pol Espargaro und Marquez um Podestplätze kämpfen können. Und das wird wertgeschätzt, bestätigte Teammanager Alberto Puig nach Bradls Vertragsverlängerung im Dezember 2020: «Die Daten, die er uns liefert, sind sehr interessant und wir sind sehr glücklich mit ihm.»

Gelegentlich auf Punktejagd

Weil Marquez immer wieder wegen Verletzungen ausfällt, wird der Bayer an den Rennwochenenden aber auch häufig von seinen Aufgaben als Experte des Fernsehsenders «Servus TV» entbunden und auf Punktejagd geschickt. In der von der Corona-Pandemie stark beeinflussten Saison 2020 bestritt er elf Rennen, das Jahr darauf fünf. Punkte holte er in beiden Saisons, Podestplätze sind aber wegen der fehlenden Routine nicht mehr in Reichweite.

Dass ein Top-Ergebnis auch in Argentinien kaum realisierbar sein würde, wusste Bradl schon vor dem Start seines 199. Rennens. «Das Team hat mir gesagt, ich soll einfach Spaß haben», sagte er. «Das deckt sich mit meinem Plan, denn klar ist: Wir werden keine Bäume ausreißen. Es fahren 23 andere Piloten mit, davon ist keiner ein Fruchtzwerg.»

Wie hoch das Niveau in der Motorrad-WM ist, mussten auch schon andere deutsche Fahrer spüren. Jonas Folger verabschiedete sich 2019 aus der WM und konnte sich nach zwei Jahren in der Superbike-WM mit keinem Team einigen. Er wird 2022 wohl keine Rennen fahren. Sandro Cortese, immerhin Moto3- und Supersport-Weltmeister, verkündete am Sonntag sein Karriereende. Philipp Öttl fährt für Ducati in der Superbike-WM, in der Motorrad-WM bleibt neben Bradl aus deutscher Sicht nur noch Marcel Schrötter. Dessen Formkurve zeigt jedoch seit zwei Jahren nach unten. Auch in Argentinien tat sich der Moto2-Pilot schwer. Als Zwölfter holte er immerhin vier Zähler.

«Argentinien war zum Aufwärmen»

Sollte Bradl am kommenden Wochenende in Austin erneut zum Einsatz kommen, könnte er mit einer Platzierung in den Punkten leben. «Wenn ich am Start bin, will ich dort schlagkräftiger sein. Argentinien war zum Aufwärmen», sagte er. Allerdings soll Marquez nach der bei ihm diagnostizierten Diplopie kurz vor der Rückkehr stehen – eine Lähmung des vierten rechten Sehnervs führte dazu, dass er alles doppelt sah.

Bradl muss also noch um seinen zweiten Renneinsatz 2022 bangen. Honda stellt ihm zwar Wildcard-Einsätze in Aussicht. Mittelfristig wird aber auch Bradl von der WM-Bühne verschwinden, um sich wieder um die Analysen für seinen Sender und die Testarbeit für das strauchelnde Honda-Team zu kümmern. Talentierter Nachwuchs ist vorerst nicht in Sicht.

Von Maximilian Wendl, dpa