22. November 2024

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«Los, Mick»: Schumacher punktet für Vertragspoker

Mick Schumacher hat es den Zweiflern gezeigt. Mit erstaunlicher Reife holt er im Chaos von Silverstone seine ersten Punkte in der Formel 1. Das erhöht seine Chancen im anstehenden Vertragspoker.

Mick Schumacher herzte Mentor Sebastian Vettel, Mama Corinna verteilte im Fahrerlager Küsschen. Vor dem eiligen Rückflug nach Hause ließen der Formel-1-Jungstar und seine Familie der Freude und Erleichterung über die ersehnten ersten WM-Punkte freien Lauf.

«Ich fühle mich wirklich großartig», sagte der Haas-Pilot und sein Dauergrinsen lieferte den Beweis dafür. Seine grandiose Aufholjagd in Silverstone vom vorletzten auf den achten Platz beseitigt zumindest vorerst die Restzweifel an Schumachers Formel-1-Tauglichkeit und liefert ihm beste Argumente für die bald anstehenden Vertragsverhandlungen.

Knoten gelöst

Teamchef Günther Steiner, zuletzt auch mit öffentlicher Kritik am 23-Jährigen aufgefallen, sieht jetzt einen Knoten gelöst. «Zumindest geht jetzt hoffentlich einiges von dem Druck weg und er kann freier fahren», sagte der Italiener. Ziemlich erstaunt hatte er zuvor beobachtet, wie abgezockt Schumacher im britischen Chaos die Nerven behielt. «Wir konnten es fast gar nicht glauben, was da passiert ist», sagte Steiner.

3507 Tage waren vergangen, seit Papa Michael bei seinem Abschied in Brasilien die letzten Formel-1-Punkte für die Schumacher-Familie erobert hatte. Filius Mick musste in der vergangenen Saison ein hartes Lehrjahr im völlig unterlegenen Auto überstehen. Unfälle, Pech und Fehler seiner Crew hatten auch in den vergangenen Monaten die Punkte-Premiere verhindert. «Wir sind ein Team und gewinnen und verlieren als Team. Das ist seit Anfang an meine Mentalität», sagte Schumacher nun. Kaum anders hätte es sein Vater formuliert.

Im 31. Grand Prix zahlten sich Geduld und harte Arbeit aus. Dabei hatte es auch in Silverstone wieder so ausgesehen, als würde Schumachers Team ihn im Stich lassen. Hatten seine Mechaniker doch vor der Qualifikation bei der Montage der Lenkung geschludert. «Ich halte dem Team nichts vor, sondern sage dem Team, dass wir es zusammen schaffen werden», bekräftigte Schumacher bei Sky.

Mutter stolz auf «Micki»

Wie groß sein Selbstbewusstsein trotz aller Rückschläge ist, bewies der Deutsche kurz vor Rennende, als er es auch noch mit Weltmeister Max Verstappen aufnahm. Zwar schaffte er es in der letzten Kurve nicht mehr am beschädigten Red Bull vorbei, doch seine Familie war auch so mächtig happy. «Micki, ich bin mega stolz auf dich. Mega gemacht, Schatz», funkte Mutter Corinna. «Für mich ist er der Sieger», schrieb Schwester Gina bei Instagram zu einem Video von ihrem Champagner-Überfall auf den Bruder.

Auch Landsmann Vettel war gar nicht böse, dass Schumacher ihn an seinem 35. Geburtstag eiskalt überholt hatte. «Ich habe wirklich im Auto geschrien: Los, Mick», verriet der Aston-Martin-Fahrer. Der Hesse hatte den Sohn seines Idols zuletzt gegen Kritik verteidigt und ist schon länger einer von Schumachers Ratgebern.

Zukunft in Formel 1

Mit dem Befreiungsschlag von Silverstone steigen auch Schumachers Chancen auf eine längere Zukunft in der Formel 1. Noch vor dem Rennen hatte Teambesitzer Gene Haas gesagt, der Rennstall wolle mit den Gesprächen über einen neuen Vertrag noch etwas warten. Der aktuelle Kontrakt läuft am Jahresende aus. Bestätigt Schumacher in den drei Rennen bis zur Sommerpause seinen Formanstieg, wird das US-Team aber kaum über eine Trennung nachdenken.

Teamchef Steiner warnte allerdings, die Erwartungen schnell zu hoch zu schrauben. «Man darf nicht denken, dass er jetzt immer Punkte machen muss», sagte der 57-Jährige. Schumacher schien mit solchen Ansprüchen in Silverstone indes keine Probleme zu haben.

Von Christian Hollmann, dpa