McLarens deutscher Teamchef Andreas Seidl sprach von der «nächsten Märchenstunde». Sein Mercedes-Kollege Toto Wolff erklärte die Ausführungen von Christian Horner nach dem Urteil im Kosten-Konflikt der vergangenen Saison um den neuen Branchenführer Red Bull schlicht als «überflüssig», hielt sich ansonsten aber mit weiteren Kontern zurück.
Wollf sagte, er sei über den Punkt hinaus, das Gesagte zu kommentieren, sagte er im Fahrerlager des Großen Preises von Mexiko. Die Akte Red Bull zu den unerlaubten Mehrausgaben des Weltmeisters ist zwar geschlossen, die Gräben zwischen dem neuen Branchenführer in der Formel 1 und seinen Verfolgern, Widersachern und Gegnern scheint tiefer denn je. Warum sollten sie sich entschuldigen, hatte Horner in seiner eigens einberufenen Pressekonferenz auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez betont: Ein paar Rivalen müssten sich eher bei ihnen entschuldigen.
«Wahrscheinlich eine weitere Märchenstunde»
Erst eine Woche zuvor hatte es Horner eskalieren lassen und mit einigen Konkurrenten abgerechnet. Noch vor Bekanntgabe der Strafe von sieben Millionen US-Dollar und zehnprozentiger Einschränkung der Aerodynamik-Entwicklung war der 48-Jährige in den Gegenangriff übergangenen, nachdem dem Team unter anderem sogar Betrug vorgeworfen worden war. Der Tod von und die Trauer um Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz befriedete für wenigstens ein paar Tage die Situation.
Mit der Urteilsverkündung ging es wieder los. «Ich bin sicher, wenn jemand unseren Windtunnel niedergebrannt hätte, wäre es nicht genug gewesen», giftete Horner in Mexiko-Stadt unter anderem während seiner 49-minütigen Pressekonferenz. «Ich habe nicht zugehört», sagte Kollege Seidl bei Sky Sports: «Ich kann mir vorstellen, dass es wahrscheinlich eine weitere Märchenstunde war.» McLaren-Geschäftsführer Zak Brown, der sich vorher schon mit einem Brief an den Motorsport-Weltverband Fia und die Formel 1 bei Horner unbeliebt gemacht hatte, weil darin auch von Betrug die Rede gewesen war, betonte: «Wenn die Regeln so gebrochen werden, müssen die Strafen in Zukunft deutlich heftiger ausfallen.»
In der Formel 1 machen Kleiigkeiten den Unterschied
Red Bull hatte zuvor das Angebot eines akzeptierten Vertragsbruchs vom Internationalen Automobilverband angenommen. Vorausgegangenen waren monatelange Untersuchungen. Die Bekanntgabe der Ergebnisse war mehrfach verschoben worden. Details wurden nun erst mit der Veröffentlichung des Strafmaßes bekannt. Umgerechnet rund 2,15 Millionen US-Dollar hatte Red Bull demnach 2021 und damit im ersten Titel-Jahr von Max Verstappen über dem Limit ausgegeben. Horner und auch die Fia hatten dabei auch darauf hingewiesen, dass diese Summe durch einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit dem britischen Steuersystem begünstigt worden sein soll, sonst wären es rund 500.000 US-Dollar gewesen.
Dass das Team keinerlei Vorteile durch die Mehrausgaben im sportlichen Bereich, sprich auf der Strecke gehabt haben soll, sagte Horner. Das Geld sei unter anderem ins Catering geflossen oder für Krankenstände verwendet worden. «Wir haben auch ein Restaurant und Krankenstände. Die Argumentation stimmt so nicht. Am Ende des Abends sind die Erklärungen überflüssig», sagte Wolff dem Sender Sky.
«Ich dachte, das ist schon eine sehr gute Performance von Christian», kommentierte Ex-Rennfahrer und Sky-Experte Martin Brundle: «Ich kauf ihm nicht ab, dass das keine Auswirkungen auf die Leistung hat, sonst musst du dein Geld woanders ausgeben.»
Die Formel 1 sei ein Sport, «in dem Kleinigkeiten den Unterschied machen. Wenn etwas anderes behauptet wird, ist das dummes Gerede», pflichtete Wolff bei. Es gebe keinen mildernden Faktor. Die Salzburger Nachrichten fragten sogar schon: «Was sind die WM-Titel von Red Bull noch wert?»
Die Frage ist aber auch: Welche Auswirkungen haben die Strafen? Die sieben Millionen US-Dollar sind da nur ein Randaspekt. Von einem möglichen Zeitverlust von 0,25 bis 0,5 Sekunden pro Runde und einem Handicap fürs nächste Jahr und auch noch für 2024 hatte Horner gesprochen. «Drakonisch» gar seien die Einschränkungen im Windkanal und bei den Computer-Simulationen. «Übertrieben», sagte wiederum Mercedes-Renningenieur Andrew Shovlin am Samstag bei einer Pressekonferenz zum Großen Preis von Mexiko. «Wir halten die Strafe für zu niedrig», betonte Ferraris Sportchef Laurent Mekies: «Alles in allem glauben wir, dass die Auswirkungen der Strafe sehr klein bleiben werden.»
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