Sergio Perez und Max Verstappen mühten sich redlich, jede Schärfe aus dem brisanten Red-Bull-Duell um den Formel-1-Titel zu nehmen. «Es gibt ein hohes Level an Respekt zwischen Max und mir», sagte Perez nach seinem Sieg beim Großen Preis von Aserbaidschan, bei dem er Weltmeister Verstappen auf Platz zwei verdrängte. Da der Mexikaner zuvor auch schon den Sprint gewonnen hatte, erhöhte er den Druck auf den Niederländer gewaltig.
«Der Kampf zwischen den beiden Bullen wird richtig heiß», urteilte die «Gazzetta dello Sport». Nur sechs Punkte liegt der Champion noch vor dem Herausforderer, der sein Ziel klar formulierte: «Natürlich will ich den Titel gewinnen – aber Max will das auch.»
Und gerade Verstappen ist dafür bekannt, keine Kompromisse einzugehen. Der 25-Jährige sieht sich als klare Nummer eins. Dass er sich von Perez aufhalten lässt, scheint nur schwer vorstellbar. «Checo zeigt bisher richtig starke Leistungen, er fühlt sich gut und selbstbewusst im Auto», lobte Verstappen seinen Teamgefährten trotzdem: «Man muss anerkennen und schätzen, was er leistet.» Doch es ist eben auch Verstappen, der noch vor wenigen Wochen solche Sätze formulierte: «Ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden.»
Zündstoff im Titelkampf
Auch wenn beide am Kaspischen Meer ein harmonisches Bild abgaben, so steckt viel Zündstoff im Titelkampf. Verstappen hat sich in der Vergangenheit schon über Anweisungen des Teams hinweggesetzt. In Baku hatte er allerdings wegen eines zu frühen Reifenwechsels etwas Pech und verlor die Spitzenposition ohne eigene Schuld.
Perez nutzte das eiskalt aus, zeigte keinerlei Fehler und raste zum zweiten Sieg im vierten Rennen. Der Mexikaner sei «der König der Stadtkurse», befand «L’Équipe». Die anderen beiden Großen Preise gewann Verstappen. Hätte Perez in Australien nicht technische Probleme gehabt, wäre er vielleicht sogar vorn.
«Wir werden so hart gegeneinander kämpfen, wie wir es nur können, aber ich denke, mit einem hohen Level an Respekt», sagte Perez. Ihre Autos sind der Konkurrenz weit voraus, alles deutet früh in der 23 Rennen langen Saison darauf hin, dass niemand sonst in den Kampf um die Meisterschaft eingreift.
Ferrari-Frust
«Wir haben alles gemacht, alles versucht, aber die Wahrheit ist: Wir sind nicht schnell genug. Wir haben einfach nicht genug Leistung», sagte Ferrari-Fahrer Charles Leclerc, der Dritter wurde.
Verstappen weiß, dass Perez und er «das schnellste Auto» haben, merkte aber auch an: «Es geht um Beständigkeit, denn es ist noch eine sehr lange Saison mit vielen verschiedenen Strecken.» Schon am Sonntag geht es in Miami weiter, auch dann werden die Roten Bullen das Geschehen bestimmen. «Ich glaube nicht, dass sich etwas daran ändern wird», antwortete Perez auf die Frage, ob er Spannungen im Verhältnis der Piloten erwartet.
In Baku konnten beide frei fahren. Motorsportberater Helmut Marko verriet aber, dass Perez kurz vor Schluss am Funk fragte, ob er das Tempo verringern soll. Warum? Damit Verstappen einfach so vorbeiziehen kann. Doch (noch) gibt es keine Stallorder wie in der Vergangenheit schon geschehen. Die Szene zeigt aber, wovor Perez Angst hat.
Titelverteidiger Verstappen will WM-Pokal Nummer drei mit Leistung auf der Strecke gewinnen. Doch wie viel Risiko wird Red Bull gehen? Wann muss eingegriffen werden? «No risk, no fun», sagte Marko mit einem Lachen bei Sky. Früh im Jahr sieht er keinen Handlungsbedarf. Doch spätestens, wenn die WM-Führenden es übertreiben und kollidieren, dürfte sich das rasch ändern.
Red Bull mit Erfahrung
Mit solchen Situationen haben sie im Team Erfahrung. Sebastian Vettel und der Australier Mark Webber schenkten sich auf und neben der Strecke nichts, negativer Höhepunkt war ein Unfall 2010 in Istanbul. Webber wurde dafür verantwortlich gemacht, Vettel ging als Sieger aus der Situation hervor und wurde anschließend viermal Weltmeister.
Wirklich souverän ging Red Bull um Teamchef Christian Horner damals nicht mit dem Machtkampf in der eigenen Garage um. Es wird spannend, wie sich die Rivalität zwischen Verstappen und Perez entwickelt, wenn es so eng bleibt. Beide gelten nicht als beste Freunde, aber auch nicht als arg verfeindet. «Sergio Perez wird sich auf kein Thema einlassen, bei dem er zukünftig Verstappen unterstützen muss. Da bin ich mir sicher», schrieb der ehemalige Formel-1-Fahrer Timo Glock zuletzt in seiner Sky-Kolumne.
Perez will kein Helfer mehr sein, keine Nummer zwei. «Ganz sicher» sei das Ziel, Champion zu werden, betonte er erneut. Mit Bravour zeigte er in Aserbaidschan, wie man Verstappen bezwingt. «Es war sehr eng zwischen uns, wir haben bis zum Maximum Druck gemacht», sagte der sechsmalige Grand-Prix-Sieger und gab zu: «Es war wirklich hart, aber ich habe ihn unter Kontrolle halten können.» Und das schafften zuletzt nicht viele.
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