21. November 2024

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Anonyme Mails: Neuer Druck auf Red-Bull-Teamchef

Die vermeintliche Ruhe für Christian Horner war von kurzer Dauer. Im Formel-1-Fahrerlager von Bahrain rücken anonyme E-Mails Red Bulls Teamchef wieder in den Mittelpunkt.

Vor dem sandfarbenen Pavillon von Red Bull im Formel-1-Fahrerlager von Bahrain haben sich Fotografen und TV-Teams positioniert. Im Fokus der Kameras: Nicht wie meist Triple-Weltmeister Max Verstappen, sondern erneut sein Teamchef Christian Horner.

Die Erleichterung nach dem Quasi-Freispruch für den 50-Jährigen in der pikanten Affäre um angeblich unangemessenes Verhalten gegenüber einer Mitarbeiterin war von kurzer Dauer in der steinigen Wüste von Sakhir. Zwei anonym verschickte E-Mails an einen ausgesuchten Personenkreis, darunter auch die anderen neun Teamchefs und Bosse der Formel 1, überschatteten einen Tag vor dem Saisonauftakt schon wieder das sportliche Geschehen. Unruhe brach aus, als die E-Mails rund 24 Stunden nach der Mitteilung des Mutterkonzerns Red Bull zur abgewiesenen Beschwerde gegen Horner in den Postfächern aufschlugen.

Horner äußert sich nach anonymen E-Mails

Ob die per Link mitversendeten Inhalte echt sind, blieb vorerst unklar. Horner, der seit 2005 Teamchef von Red Bull Racing ist, ließ wenig später über einen Sprecher in seinem Namen eine Stellungnahme im Fahrerlager vorlesen. «Ich werde mich nicht zu anonymen Spekulationen äußern, aber um es noch einmal zu wiederholen: Ich habe die Anschuldigungen immer zurückgewiesen.»

Bis dahin hatte er sich wie schon bei der Präsentation des neuen Rennwagens oder bei den Testfahrten so gegeben wie immer: Business as usual. Horner plauderte in Bahrain auf der Terrasse des Pavillons mit Teammitgliedern, er versteckte sich nicht.

Affäre mit Zügen eines Kriminalfalls

Nachdem die Angelegenheit schon die Wochen vor dem Auftakt die auf Hochglanz getrimmte Formel-1-Welt beschäftigt hatte, wurden die anonymen E-Mails aber wieder zum Hauptgesprächsthema. Und die Angelegenheit um den seit 2015 mit dem ehemaligen Spice-Girl Geri Halliwell verheirateten Briten bekam Züge eines Kriminalfalls.

Die Fragen: Wer hätte einen Nutzen von den E-Mails? Wer hat überhaupt die Zugänge zu den Adressaten, unter denen zum Beispiel nur Medienvertreter mit einer Saisonakkreditierung waren? Und wer hat die Mails tatsächlich verschickt? Inwiefern all dies nun Gegenstand möglicher weiterer Ermittlungen und Untersuchungen wird, ist offen. Die Anwälte Horners verschickten jedenfalls noch am gleichen Abend eine Mail und wiesen unter anderem auch darauf hin, dass Horner alle Vorwürfe abgestritten habe.

Er habe die Integrität der unabhängigen Untersuchung respektiert und bei jedem Schritt uneingeschränkt mit ihr kooperiert, hatte Horner selbst nach Bekanntwerden der E-Mails verlautbaren lassen. «Es war eine gründliche und faire Untersuchung, die von einem unabhängigen Fachanwalt durchgeführt wurde und zu dem Ergebnis kam, dass die eingereichte Beschwerde abgewiesen wurde. Ich bin weiterhin voll auf den Saisonstart fokussiert.»

Mercedes-Teamchef fordert mehr Transparenz

Nachdem am 5. Februar der Mutterkonzern die Vorwürfe und die Ermittlung bestätigt hatte, teilte Red Bull 23 Tage später die Abweisung der Beschwerde mit. Das war am Mittwoch, einen Tag vor dem Trainingsauftakt der Formel-1-Saison. Red Bull stellte auch klar, dass der Untersuchungsbericht vertraulich sei und private Informationen der Parteien und Dritter enthalte, die an der Untersuchung mitgewirkt hätten. «Aus Respekt für alle Beteiligten wird Red Bull sich daher nicht weiter dazu äußern.»

Die Formel 1 schien aufzuatmen, der große Image-Crash vor dem Start in die Rekordsaison mit 24 Rennen abgewendet. Gleichwohl beklagten Horners Amtskollegen Toto Wolff und Zak Brown schon bei der offiziellen Medienrunde am Donnerstag die ihrer Meinung nach fehlende Transparenz in der Angelegenheit. «Als Sport können wir es uns nicht leisten, Dinge im Ungefähren und Dunklen zu lassen», sagte Wolff, Teamchef des deutschen Werksrennstalls Mercedes.

Horner-Angelegenheit angeblich Top-Punkt bei Treffen der Bosse

Er und Brown sahen auch die Bosse der Formel 1 und des Internationalen Automobilverbandes in der Pflicht. «Der Sport braucht das, um einen Schlussstrich darunter zu machen, sonst ist es nicht gesund für den Sport», sagte Brown.

Eine Reaktion des kommerziellen Rechteinhabers aus den USA und der Regelhüter mit Sitz in Paris auf die E-Mails blieb zunächst aus. In den Büros herrschte aber Betriebsamkeit. Bei einem ohnehin geplanten Treffen zwischen Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali und dem Fia-Präsidenten Mohammed Ben Sulayem soll das Thema Gerüchten zufolge aber noch vor dem Rennen am Samstag (16.00 Uhr/Sky und RTL) ganz oben auf der Liste stehen.

Von Jens Marx, dpa