Natürlich weiß Mick Schumacher noch genau, wie das damals in der Blütezeit der Formel 1 war. Sein Vater Michael war einer der sieben deutschen Piloten, die 2010 um Siege fuhren und so für einen Rekord sorgten.
Nie wieder gab es so viele Fahrer aus der Auto-Nation in der wichtigsten Rennserie der Welt. Nach dem Rücktritt von Sebastian Vettel zum Saisonende wird der 23 Jahre alte Schumacher im kommenden Jahr wohl der einzige Deutsche im Cockpit sein. Auch ein Grand Prix auf deutschem Boden ist nicht in Sicht. Wie konnte es vom Formel-1-Boom in den 1990er Jahren bis heute nur so weit kommen?
Schumacher will Vorbild sein
«Ich nehme es als Herausforderung und freue mich darauf», sagte Schumacher dazu, dass er Deutschland künftig als Solist vertritt. Zwar hat der Sohn des Rekordweltmeisters noch keinen neuen Vertrag beim US-Rennstall Haas unterschrieben, das soll aber in den nächsten Wochen passieren. «Vielleicht gibt es das eine oder andere Kind, das künftig mich als Vorbild nimmt», sagte der Rennfahrer.
Deutsche Vorbilder in der Formel 1 gab es einige. Vor allem natürlich sein legendärer Vater Michael Schumacher, aber eben auch den letzten deutschen Champion Nico Rosberg und den viermaligen Weltmeister Vettel, der nach mehr als 15 Jahren im November Schluss macht. Das große Problem: abgesehen von Schumacher Junior ist niemand ernsthaft in der Lage, sich schnell eine gute Chance auf einen Platz hinter dem Steuer zu erarbeiten. «Ich wünschte, da wären mehr Deutsche, die von unten hochkommen», sagte Schumacher.
Im Fahrerlager von Budapest wurde der Youngster vor dem Grand Prix am Sonntag (15.00 Uhr/Sky) gefragt, woran es liegt, dass der Nachwuchs fehle. «Ich habe versucht, in den letzten zwei Jahren zu pushen», sagte Schumacher zu seinen Versuchen, den Motorsport voranzubringen. Vieles scheitere am fehlenden Geld, sagte er. Eine sechsstellige Summe müsse von jungen Fahrern schon aufgebracht werden, um in den Nachwuchsserien anzutreten. Kein normaler Mensch könne das aus dem Nichts stemmen, nur weil er gut Kart fahren kann. Schumacher verfügte hingegen über einen starken finanziellen Background und brachte neben seinem großen Namen auch noch das nötige Talent mit.
Kein Rennen in Deutschland
Ebenfalls an den Finanzen liegt es, dass die Formel 1 einen Bogen um Deutschland macht. Zwischen 2007 und 2014 fanden zuletzt regelmäßig abwechselnd Große Preise in Hockenheim und auf dem Nürburgring statt, danach wurde es schwieriger. Insgesamt gastierte die Rennserie 79 Mal in Deutschland. Zuletzt richtete der Nürburgring in der Corona-Saison 2020 den Eifel-Grand-Prix aus. Beide Kurse können sich aber die hohen Antrittsgebühren nicht mehr leisten. Ein Grand Prix sei ohne öffentliche Zuschüsse oder Unterstützung aus der Wirtschaft nicht finanzierbar, hieß es zuletzt mehrfach von beiden Strecken. Da dies derzeit nicht gelingt, wird ziemlich sicher auch 2023 nicht auf den Traditionskursen gefahren.
Wie sich das ändern kann? Viele Hoffnungen sind mit den Bestrebungen von Porsche und Audi für einen Einstieg in die Königsklasse zur Saison 2026 verknüpft. «Ich glaube schon, dass dadurch der Druck auf die Formel 1 höher wird, dass wieder ein Rennen in Deutschland auf regulärer Basis stattfindet», hatte Jorn Teske, Geschäftsführer am Hockenheimring, der Deutschen Presse-Agentur bereits im Mai gesagt. Noch ist nicht gesichert, dass beide Autobauer einsteigen und es dann neben dem in der Vergangenheit so erfolgreichen Mercedes-Rennstall drei deutsche Konstrukteure in der Boxengasse gibt. Mit einer Entscheidung wird jedoch bald gerechnet.
Expansionskurs geplant
Mit dem Blick auf den weltweiten Expansionskurs spricht Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali längst davon, dass es künftig bis zu 30 Grand Prix pro Saison geben könnte – auch wenn sich die Teams noch gegen dieses Mammut-Programm wehren. Das Umfeld in Deutschland sei «sehr interessant» für die PS-Serie, versicherte Domenicali bereits und nannte indirekt den Einstieg von Porsche und Audi als Treiber für eine Rückkehr in das Heimatland der Schumachers. Seit den neunziger Jahren hatte der Formel-1-Zirkus die Massen bewegt, Millionen Menschen vor die Fernseher und Hunderttausende zu den heimischen WM-Läufen gelockt.
«Ich würde es lieben, in Deutschland ein Rennen zu fahren», sagte Mick Schumacher. Ihm war das bislang noch nicht vergönnt, während der scheidende Vettel sieben Mal in Hockenheim und vier Mal auf dem Nürburgring antrat. Selbst die WM-Läufe anderswo können derzeit von den deutschen Fans nicht ohne Mehrkosten im Fernsehen verfolgt werden. Seit dem Vorjahr sind gerade noch vier Große Preise pro Saison im Free-TV bei RTL zu sehen, nachdem sich der Kölner Sender entschieden hatte, das Rechtepaket für die ganze Saison nicht mehr zu kaufen. Wer Vettel, Schumacher und Co. darüber hinaus das ganze Jahr sehen will, muss im Pay-TV bei Sky oder für den offiziellen Formel-1-Stream zahlen.
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