Ganz wohl ist Lewis Hamilton beim Gedanken an volle Tribünen nicht.
«Ich bin da eher auf der vorsichtigen Seite und würde es langsam aufbauen, anstatt gleich wieder Vollgas zu geben», sagte der Formel-1-Weltmeister mit Blick auf die Fan-Rückkehr in Zeiten der Corona-Pandemie. Bei seinem Heimspiel in zweieinhalb Wochen dürfen im englischen Silverstone 140.000 Zuschauer alleine zum Rennen kommen, an diesem Wochenende werden schon insgesamt rund 105.000 Menschen beim Großen Preis von Österreich in Spielberg dabei sein. Die Rennserie will endlich zurück zur Normalität. Aber kommt das zu früh?
Er wolle es nicht «zu sehr ins Negative drehen», sagte Mercedes-Pilot Hamilton und wählte seine Worte zuletzt mit Bedacht. Natürlich freue er sich, «vor den besten Fans der Welt» zu fahren. Aber er bekomme eben auch von steigenden Corona-Fallzahlen und der Ausbreitung der Delta-Variante in seiner Heimat mit: «Ich mache mir Sorgen.»
Rund 100.000 Fans erwartet
In der Steiermark füllen sich unterdessen die Camping-Plätze, Hotels und Pensionen. Gerechnet wird an der Strecke mit 15.000 Fans am Freitag, 30.000 am Samstag und 60.000 am Sonntag. Während in der Vorwoche beim ersten Rennen vor allem Menschen aus Österreich vor Ort waren, wird es nun internationaler. «Die Holländer kommen, da fährt der Max nochmal eine Sekunde schneller», sagte Helmut Marko, Motorsportberater bei Red Bull. Die Landsleute des WM-Führenden Max Verstappen haben sich zu Tausenden angekündigt, traditionell wird der WM-Lauf für den 23-Jährigen zu einem Heimspiel. Mit seinem dritten Sieg in Serie könnte er Titelverteidiger Hamilton weiter enteilen.
Monatelang waren die Fans in der Formel 1 ausgeschlossen. Zuletzt durften zweimal jeweils 15.000 Personen an die Strecke, nun steht eine komplette Öffnung bevor. Nur wer einen maximal 48 Stunden alten negativen Corona-Test, eine Impfung oder seine Genesung nachweisen kann, darf überhaupt auf das Gelände. Anders als in einem Fußball-Stadion oder einer Halle ist das Abstand-Halten auf den weitläufigen Rennstrecken etwas leichter. Und trotzdem wird es Nadelöhre geben, an denen sich viele Menschen sehr nah kommen. Das gilt auch für eine mögliche Anreise in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Und noch mehr: Am Donnerstag werden in Österreich weitere umfassende Öffnungsschritte vollzogen. So sind rund um den Grand Prix auch wieder Abendveranstaltungen mit Musik erlaubt. «Wir müssen wieder zurück zur Normalität, da gehören Großveranstaltungen dazu», sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einem Besuch am Sonntag in Spielberg: «Da geht es auch um ganz viele Arbeitsplätze.»
Formel 1 als Wirtschaftsfaktor
Das Wiener economixs-Institut hat berechnet, dass die beiden Rennen österreichweit eine zusätzliche Wertschöpfung von 36,8 Millionen Euro bringen, davon entfallen etwa 27 Millionen Euro auf die Steiermark. 650 Vollzeitarbeitsplätze könnten von diesem Geld über das ganze Jahr gesehen geschaffen werden. Etwa 300 davon entfallen auf den Red-Bull-Ring und die Schwester-Unternehmen von Dietrich Mateschitz.
«Ich hoffe, dass wir etwas daraus lernen, die Leute sicher bleiben und ihre Masken auflassen», sagte Hamilton: «Dazu ermuntere ich jeden – weiter Hände waschen, weiter Masken tragen. Vor allem in diesen großen Menschenmengen.» Österreichs Regierungschef Kurz vertraue in dieser Woche auf das umfassende Sicherheitskonzept, dieses «ist toll», sagte er. Auch wegen der Delta-Variante bestehe laut des 34-Jährigen kein Grund zur Panik: «Bei mir ist Alarmstimmung ab dem Zeitpunkt, an dem es eine Variante gibt, wo die Impfung nicht wirkt. Die gute Nachricht: Auch bei der Delta-Variante wirkt die Impfung.»
Auch die Formel 1 lässt sich von diesen Entwicklungen nicht beunruhigen und will ihren ambitionierten Rennkalender unbedingt umsetzen. Erstmals überhaupt sollen in diesem Jahr 23 WM-Läufe ausgetragen werden. Stationen in Kanada und Singapur mussten bereits abgesagt werden, dafür springen Österreich und die Türkei ein. Weitere Änderungen sind möglich, denn Stopps sind unter anderem noch in Brasilien, Mexiko, Australien oder Japan geplant. Überall dort konnte im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie nicht gefahren werden.
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