Im Affären-Sumpf der Formel 1 gerät jetzt auch der Präsident des Weltverbands immer stärker unter Druck. Kurz vor dem Flutlicht-Spektakel in Saudi-Arabien bestätigte die Fia Untersuchungen ihrer Ethikkommission gegen führende Mitglieder des Internationalen Automobilverbands.
Zuvor waren Vorwürfe gegen Verbandschef Mohammed Ben Sulayem durchgesickert, der laut BBC ein Formel-1-Rennergebnis beeinflusst und zudem das sündteure Prestigeprojekt der Rennserie in Las Vegas zu behindern versucht haben soll. Auch das Finanzgebaren des 62-Jährigen aus Dubai könnten die Fia-Ethiker Medien zufolge ins Visier nehmen.
Grundlage für die Ermittlungen ist ein Bericht mit detaillierten Anschuldigungen. Diese würden nun laut Fia geprüft, «wie es in diesen Fällen üblich ist, damit ein ordnungsgemäßes Verfahren genauestens eingehalten wird». Ben Sulayem selbst äußerte sich bislang nicht. Die Fia zeigte sich in einem weiteren Statement an die Nachrichtenagentur AP betrübt und besorgt, dass die heikle Angelegenheit «ohne vorherige Genehmigung» den Medien zugespielt worden sei.
Auch Skandal um Red-Bull-Teamchef schwelt weiter
Der Wirbel um den obersten Regelwächter trifft die Formel 1 zur Unzeit. Schon das Auftaktrennen in Bahrain in der Vorwoche geriet zur Nebensache, weil der Skandal um Red-Bull-Teamchef Christian Horner eskalierte. Der Brite war gerade in einer internen Untersuchung vom Vorwurf unangemessenen Verhaltens gegenüber einer Mitarbeiterin freigesprochen worden, da brachten ihn anonyme Mails mit angeblichen Details der Affäre erneut schwer in Bedrängnis. «Das ist sicher keine positive Entwicklung», sagte Red-Bull-Berater Helmut Marko der «Kronen-Zeitung» zur Häufung der negativen Schlagzeilen zu Saisonbeginn.
Auf dem Stadtkurs in Dschidda dürfte nun neben Horner auch Ben Sulayem unangenehme Fragen beantworten müssen. Hat er im Vorjahr in Saudi-Arabien tatsächlich veranlasst, dass eine Zeitstrafe gegen Aston-Martin-Fahrer Fernando Alonso zurückgenommen wurde und der Spanier so doch Platz drei behalten durfte? Hat er den Fia-Kontrolleuren in Las Vegas wirklich nahe gelegt, der Strecke auch ohne echten Grund die Zulassung zu verweigern? Das zumindest meldete ein Informant laut BBC dem Weltverband.
Dauerkonflikt zwischen Fia-Präsident und Formel-1-Bossen
Fall eins wäre ein zumindest fragwürdiger Eingriff in die Hoheit der Rennkommissare. Fall zwei würde Ben Sulayems ohnehin gestörtes Verhältnis zur Formel-1-Spitze noch mehr belasten. Den Grand Prix in Las Vegas haben sich die Rechte-Inhaber von Liberty Media viele Millionen Dollar für Grundstücke und Infrastruktur kosten lassen, ein Rennverbot beim Debüt im Vorjahr wäre ein Desaster gewesen. Dazu sei es nicht gekommen, weil die Fia-Prüfer keine triftigen Gründe auftreiben konnten, erklärte der Informant der BBC.
Warum Ben Sulayem sich jeweils eingemischt haben soll, blieb zunächst unklar. Sicher ist, dass der frühere Rallyepilot schon mehrfach ins Geschäft der Formel 1 eingriff. So drängte der Fia-Chef auf die Aufnahme weiterer Teams wie dem US-Projekt Andretti, was die etablierten Rennställe vehement ablehnen. Weil Ben Sulayem zudem öffentlich den hohen Marktwert der Rennserie anzweifelte, wiesen ihn Juristen der Formel 1 darauf hin, dass dies nicht zu seinen Aufgaben gehöre.
Als Indiz des lodernden Machtkampfs wurden auch die Fia-Ermittlungen gegen Mercedes-Teamchef Toto Wolff und seine bei der Formel-1-Akademie beschäftigte Frau Susie wegen Geheimnisverrats im Dezember gewertet. Nur zwei Tage später musste der Weltverband die Sache wieder einstellen, nachdem alle anderen Teams protestiert hatten.
Ethikprüfung dauert wohl mehrere Wochen
Auch Vorwürfen wegen früherer abschätziger Äußerungen gegenüber Frauen sah sich Ben Sulayem schon ausgesetzt, wies diese aber zurück. Im Zuge der jüngsten Untersuchungen soll nun angeblich auch der Umgang des Fia-Chefs mit seinem Spesenkonto geprüft werden. Mit einem Ergebnis der Untersuchung sei in vier bis sechs Wochen zu rechnen, heißt es.
Ben Sulayems Amtszeit läuft noch bis ins kommende Jahr. Allmählich könnten sich daher mögliche Wahlgegner warmlaufen. Auch die Formel-1-Bosse dürften ein Interesse an einem Wechsel an der Verbandsspitze haben und die Arbeit der Fia-Ethiker aufmerksam beobachten. Von Ruhe ist der Formel-1-Zirkus auch abseits der Strecke vorerst weit entfernt.
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