Der Blick in die Zukunft der Formel 1 kommt wohl schneller als gedacht. Mit der Einführung eines zweiten Qualifyings anstelle eines eher langweiligen Trainings bereits in vier Wochen in Baku plant die Rennserie, den Weg der Modernisierung konsequent weiterzugehen.
«Je mehr man den Teams und den Fahrern die Chance gibt, zu zeigen, wer sie sind, desto besser ist die Show», sagte Formel-1-Geschäftsführer Stefan Domenicali bei Sky: «Wir denken an eine Session, die den Sport einfach besser macht.»
Die Motorsport-Königsklasse will mehr Spektakel und könnte deswegen schnell eine Reform der Rennwochenenden durchziehen. Da für Ende April in Aserbaidschan das erste von sechs Sprintrennen des Jahres vorgesehen ist, wäre es der perfekte Zeitpunkt für die Neuerung. Nach nur einem Training am Freitag soll dann direkt danach die Qualifikation für die Startaufstellung im Grand Prix am Sonntag folgen, der Samstag würde ganz dem Sprint gehören. Erst die Quali, dann das Mini-Rennen auf dem engen Stadtkurs. Das würde für die Fans deutlich mehr Spannung bringen als Trainings ohne sportlichen Wert. «Action» zu haben, sagte Mercedes-Fahrer George Russell, sei «wichtig für uns und die Unterhaltung».
Formel-1-Entertainment in Las Vegas
Im Millionen-Geschäft Formel 1 ist das Entertainment längst in den Mittelpunkt gerückt. Den Höhepunkt wird diese Entwicklung im November erleben, wenn es unter den funkelnden Lichtern auf dem legendären Strip von Las Vegas erstmals um einen Grand-Prix-Sieg geht. Gefahren wird dann sogar an einem Samstagabend. Hunderttausende Fans wollen dabei sein, längst nicht alle bekommen aber ein Ticket – wie derzeit an vielen Rennstrecken. Ob Barcelona, Zandvoort, Spielberg, Singapur, Miami oder Las Vegas – die Rennserie boomt. Sportlich sehen die Verantwortlichen aber viel Potenzial, zumal Red Bull zum Start ins Jahr klar dominiert und Max Verstappen und Sergio Perez den Titel unter sich ausmachen dürften.
«Natürlich braucht man Zeit zum Trainieren. Aber die Menschen kommen her, um Leistung zu sehen», sagte Domenicali. An normalen Rennwochenenden gibt es derzeit noch drei Trainings, alle dauern jeweils eine Stunde. Zwar können die Teams so in Ruhe ihre Autos einstellen, wirkliche Unterhaltung bietet das aber nicht. «Drei Trainings sind nicht nötig. Ein Training oder maximal zwei sind mehr als genug für uns», sagte Russell und gab damit die Meinung vieler Kollegen wieder. «Es ist gut, zu hinterfragen, was wir machen und wie man unsere Formate weiterentwickeln kann», sagte der Franzose Pierre Gasly vom Alpine-Rennstall.
Zu einer moderneren Formel 1 gehört aber auch ein stärkerer Fokus auf Nachhaltigkeit. Aufgrund der immer weiter gestiegenen Zahl von Rennen wünschen sich nicht nur die Piloten einen sinnvolleren Kalender. Wilde Reiserouten von Baku nach Miami und direkt zurück ins italienische Imola sorgten schon für viel Kritik. «Ich denke, in den kommenden Jahren wird das besser», sagte Russell, der auch der Direktor der Formel-1-Fahrervereinigung GPDA ist.
Die Ideen und Wünsche der Fahrer würden von Boss Domenicali gehört, bestätigte der Brite Russell. Der Italiener Domenicali deutete derweil an, dass es künftig wohl nicht mehr als 25 Rennen pro Saison geben wird. Spekuliert worden war schon über bis zu 30, doch wegen der hohen Belastungen machen die Teams das nicht mit. Eigentlich sollte es 2023 insgesamt 24 Große Preise geben, nach der Absage des Rennens in China sind es nun lediglich 23.
Formel-1-Rückkehr nach Südafrika?
«Es liegt an uns, das richtige Level zu halten», sagte Domenicali. Die Nachfrage von Ausrichtern sei jedenfalls «gewaltig», aber: «Wir müssen auch die Qualität der Events und des Sportes beschützen.» Das heißt auch, das Traditionsstandorte keine Sicherheit für die Zukunft haben. Orte wie Monaco oder Spa-Francorchamps stehen vor einer schwierigen Zukunft. «Wenn historisch nur für Vergangenheit steht, dann haben wir ein Problem», sagte der 57-Jährige: «Aber wenn historisch einen Wert hat und man sich auf die Entwicklung des Sports fokussiert, dann hat es für uns einen großen Wert.»
Gleichzeitig sei die Rückkehr nach Südafrika ein großes Ziel für die nahe Zukunft, zudem gebe es vor allem großes Interesse aus Ostasien. «Weitaus mehr als in den USA», sagte Domenicali. In Amerika wird es erstmals drei WM-Läufe in einer Saison geben. Und während die Formel 1 angetrieben vom Netflix-Erfolg «Drive to Survive» dort und gerade in Asien boomt, sieht es in Deutschland anders aus. Weder der Hockenheimring noch der Nürburgring gehörten zuletzt zum Rennkalender, wenig spricht dafür, dass sich das schnell ändert. In Nico Hülkenberg gibt es nur noch einen deutschen Fahrer.
Der Haas-Pilot tritt am Sonntag (7.00 Uhr/Sky) beim Großen Preis von Australien an. Und auch in Melbourne wünschen sie sich Veränderungen. Gerne würden sie in Down Under künftig ein – allerdings wenig nachhaltiges – Nachtrennen ausrichten, das mehr Beachtung auf der ganzen Welt findet. «Es wäre fantastisch, wenn wir das hinbekommen. Ein großartiges Spektakel, aber auch großartig, um den Rest des Formel-1-Publikums zu erreichen», sagte Organisationschef Paul Little der Tageszeitung «Melbourne Herald Sun».
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