In seinen Gedanken fährt Mick Schumacher oft schon an der Spitze der Formel 1. Wenn er sich überrundet auf den hinteren Rängen abmüht, stellt sich der 22 Jahre alte Neuling einfach die Kämpfe um Platz 15 oder 18 als Duell um den Sieg vor.
«Das ist so ein mentales Ding. Ich habe den Ansporn, immer wirklich alles zu geben, in jeder Lage», sagte der Haas-Pilot vor seinem dritten Einsatz in der Formel 1 in Portugal am Sonntag. Auch wenn das mit dem Gewinnen wohl so schnell nichts wird, scheint Schumachers Psycho-Trick gut zu funktionieren.
Haas-Teamchef Günther Steiner zumindest schwärmt über den Debütanten: «Ein Profi. Als ob er das schon lange machen würde. Er überlässt nichts dem Zufall. Ich finde das wunderschön und bemerkenswert.» Noch nie habe er Michael Schumachers Sohn in Panik erlebt, stets fleißig und fokussiert. «Er ist sehr realistisch mit dem, was machbar ist und was nicht», sagte Steiner bei RTL/ntv.
Wie wenig für den US-Rennstall in diesem Jahr machbar sein dürfte, haben die ersten beiden Grand Prix in Bahrain und Imola gezeigt. Der Haas ist das wohl schwächste Auto im Feld, für WM-Punkte müsste schon einiges an Glück und Streckenchaos zusammenkommen. Es ist eine harte Schule für Mick Schumacher, auch wenn die Erwartungen noch gedämpft sind. Zweimal kam er als 16. ins Ziel, leistete sich in Bahrain und Imola je einen Patzer im Rennen. Aber immerhin: Schumacher machte einen besseren Eindruck als sein bisweilen überforderter Kollege Nikita Masepin und sammelte wichtige Grand-Prix-Kilometer.
Und so fühlt sich der Formel-2-Champion schon angekommen auf der größten Bühne des Motorsports. «Es ist nicht mehr fremd für mich, in ein Formel-1-Auto zu steigen. Das ist mein neues Zuhause, ich bin es gewohnt», sagte Schumacher. Wie auf allen seinen bisherigen Etappen durch die PS-Kategorien setzt der Ferrari-Zögling auf eine stetig aufwärts zeigende Lernkurve. «Ich nehme jede Kritik an, auch wenn sie hart ist. Ich weiß, wo ich stehe und was zu verbessern ist», sagte Schumacher.
Weltverbandschef Jean Todt, ein enger Freund der Familie, sieht das mit Freude. «Die Fakten geben die Antwort, natürlich kommt er gut voran», sagte der Fia-Präsident der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». An den Druck, der ihn schon seit Kindertagen im Cockpit begleitet, habe sich Schumacher gewöhnt. «Wenn man den Helm auf dem Kopf hat, vergisst man, wie man heißt», sagte Todt.
Ewig aber wird die Schonfrist für Mick Schumacher nicht dauern. Im nächsten Jahr will Haas dank einer Regelreform angreifen und setzt dann auf einen zum Anführer gereiften Schumacher. Ein Dreher wie in Bahrain oder ein Ausrutscher in die Boxenmauer wie in Imola wird ihm jetzt als Anfänger noch verziehen, in ein paar Monaten wird das anders sein.
Noch aber trübt wenig den Spaßfaktor, den Schumacher auf jedem neuen Schritt in der Königsklasse verspürt. «Ein Formel-1-Auto ist schneller als alles andere. Man kann sich vorstellen, was für ein geiles Gefühl es ist, in so einem Auto zu sitzen», sagte er vor den ersten Trainingsrunden auf dem Achterbahn-Kurs an der Algarve.
Nach dem eher ruhigen Einstieg mit zwei Grand Prix in fünf Wochen muss Schumacher nun seinen ersten Doppelpack bestehen: von Portugal geht es gleich weiter nach Barcelona. «Ich freue mich drauf, weil es mehr Zeit mit dem Team bedeutet», sagte Schumacher. Ganz der Musterschüler eben.
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