23. November 2024

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«Superstar der Zukunft»: Antonellis Last der Erwartungen

Andrea Kimi Antonelli gilt als Formel-1-Wunderkind - obwohl er erst in der Formel 2 debütiert hat. Mercedes denkt über ihn sogar als Nachfolger von Lewis Hamilton nach. Ist das nicht zu viel Druck?

Andrea Kimi Antonelli lässt die Herzen der italienischen Formel-1-Fans höher schlagen. Der Teenager gilt als eines der größten Versprechen in der Königsklasse des Motorsports seit Max Verstappen und wird sogar als Nachfolger von Lewis Hamilton bei Mercedes gehandelt.

An diesem Wochenende hat Antonelli, den alle nur Kimi rufen, in Imola sogar ein Heimspiel. Der 17-Jährige stammt aus der Gemeinde Casalecchio di Reno vor den Toren Bolognas, was nur eine rund 45-minütige Fahrt in einem herkömmlichen Pkw vom geschichtsträchtigen Autodromo Enzo e Dino Ferrari entfernt ist.

Aber einen Formel-1-Wagen wird Antonelli vor den heimischen Fans nicht steuern, er tritt nämlich nur im Rahmenprogramm in der Formel 2 an. Aber nicht nur die Tifosi wünschen sich ihn schon als kommenden ersten italienischen Grand-Prix-Gewinner seit Giancarlo Fisichella 2006 in Malaysia – ob und wann auch immer das sein könnte. Die Erwartungen an Antonelli sind jedenfalls riesig. «Er ist definitiv ein Superstar der Zukunft», meinte der frühere Weltmeister Nico Rosberg. «Er ist wirklich ein Riesentalent, ein Ausnahmetalent.» Für Rosberg ist Antonelli sogar «einer der Besten, den man je im Go-Kart» erlebt hat.

Antonelli auf den Spuren von den Großen

Im Go-Kart reifen Fahrer heran. Wenige schaffen es bis ganz nach oben, den meisten bleibt der Weg an die Spitze verschlossen. Antonelli, dessen Vater Marco ein eigenes Team besitzt, ist quasi durchgerast und hat dabei auch Klassen übersprungen. 2022 gewann er die Meisterschaften in der Deutschen und Italienischen Formel 4, im vergangenen Jahr sicherte er sich den Titel bei zwei Formel-Regional-Meisterschaften.

Seit dieser Saison startet Antonelli in der Formel 2 für Prema, wo auch schon Charles Leclerc, Oscar Piastri oder Mick Schumacher ihr Talent bewiesen. «Es ist ein großer und schwieriger Schritt. Ich weiß aber, dass ich es gut machen kann», sagte er der «Gazzetta dello Sport» einmal. «Ich werde versuchen, das zu tun, was ich immer getan habe: hart zu arbeiten und zu lernen.» Im letzten Rennen Ende März in Melbourne verpasste Antonelli als Vierter knapp das Podium, es war seine bislang beste Platzierung in der höchsten Nachwuchsklasse.

Hat er das Zeug zum Hamilton-Nachfolger?

Das von Dino Chiesa, der italienischen Kart-Größe, und Giancarlo Minardi, Gründer des einst gleichnamigen Formel-1-Teams, geförderte Talent gehört seit 2019 zur Kaderschmiede von Mercedes. Und als Anfang des Jahres der Sensationswechsel von Hamilton zu Ferrari 2025 verkündet wurde, fiel auch schnell der Name Antonelli als möglicher Nachfolger.

«Ich bin sehr gespannt und glücklich, ihn in einem Formel-1-Auto zu sehen, er ist bei uns, seitdem er elf Jahre alt ist», sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. «Ich habe ein Bild von ihm, wie er als kleiner Junge im Go-Kart neben mir steht, und jetzt mitzuerleben, wie er sich zu einem Formel-1-Fahrer entwickelt, ist etwas, worauf ich wirklich stolz bin.»

Sonderantrag Formel-1-Fahrerlaubnis ist gestellt 

Antonelli testete bereits einen Mercedes von 2021 und zuletzt auch an der Seite von Mick Schumacher einen Mercedes von 2022. Wolff will das Supertalent aber «nicht verheizen», wie er selbst einräumte. «Ich habe schon zuviel über Kimi gesprochen, weil er erst 17 ist, die Formel 3 übersprungen hat», sagte der Österreicher. «Er muss noch lernen und sich abseits der Scheinwerfer entwickeln.»

Antonelli hat Intelligenz am Steuer und Speed. So wurde auch schon spekuliert, dass er in Imola den vor dem Rauswurf stehenden Logan Sargeant bei Williams ersetzen könnte. Die nötigen Punkte für die sogenannte Superlizenz, die Formel-1-Fahrerlaubnis, hätte er. Doch Antonelli wird erst am 25. August 18. Nach Verstappens Raketenstart mit nur 17 Jahren und 166 Tagen in der Königsklasse hat der Automobil-Weltverband das Mindestalter der Fahrer auf 18 heraufgesetzt. Ein Sonderantrag für die Superlizenz Antonellis wurde aber schon gestellt, dem Vernehmen nach von Williams.

«Wenn man einen Nachwuchsfahrer sieht, hat man keine Ahnung, ob er unglaublich, toll, gut oder vielleicht nur mittelmäßig wird. Aber bei ihm konnte man schon in frühen Formel-4-Tagen sehen, dass er sich unheimlich gut entwickelt», räumte Williams-Teamchef James Vowles, früher lange Jahre selber bei Mercedes, ein. «Er verfügt also ohne Zweifel über große Fähigkeiten, aber er saß eben vor 20 Monaten noch in einem Formel-4-Auto.»

«Der Arme hat schon soviel Druck»

Antonelli als Hamiltons Nachfolger bei Mercedes? Möglich. Deutlich wahrscheinlicher wäre aber die Variante Williams, das schließlich auch Mercedes-Motorenpartner ist, wo er aufgebaut werden könnte. Für Rosberg würde das «am meisten Sinn» machen, «auch wenn wir erstmal abwarten müssen, wie sich sein Formel-2-Jahr entfaltet, da muss er auch erstmal liefern», warnte er.

«Wir wissen, dass er ein Talent ist, aber wie oft haben wir schon ein Mega-Talent gesehen, das beste Beispiel ist Nico Hülkenberg. Man weiß trotzdem nicht, warum es in der Formel 1 nicht so richtig aufgegangen ist», erklärte Rosberg weiter. «Man muss es schon langsam mit Kimi Antonelli angehen. Der Arme hat schon so viel Druck.»

Von Martin Moravec, dpa