Post vom Autohersteller oder gar vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)? Dann wird’s ernst: Aktuell hat der Autokonzern Stellantis eine freiwillige Rückrufaktion gestartet. Diese umfasst rund 141.700 Fahrzeuge in Deutschland.

Betroffen sind Autos der Konzernmarken Peugeot, Citroën, Opel, DS Automobiles und Fiat der Baujahre 2017 bis 2023 mit 1,5-Liter-Blue-HDi-Dieselmotor, so Stellantis. Halterinnen und Halter werden in dem Schreiben aufgefordert, einen Termin mit der Vertragswerkstatt zu machen, weil es ein technisches Problem mit unterschiedlich weitreichenden Folgen zu beheben gilt.

Was ist das Problem des Motors, und was kann passieren?

Die Nockenwellenkette kann vorzeitig verschleißen. Das könne zu ungewöhnlichen Geräuschen und – im schlimmsten Fall – zu einem Kettenbruch und daher zu Motorschäden führen.

Grundsätzlich gehe man davon aus, dass das ein Prozess sei, der lange dauere und nicht von heute auf morgen eintrete, so ein Stellantis-Sprecher. Aber es hängt auch von vielen Einzelfaktoren ab. Generell ist höhere Laufleistung ein Thema, weswegen ältere Autos mit entsprechenden Kilometern auf dem Tacho ein tendenziell höheres Risiko haben.

In der Regel kann man den Angaben zufolge aber erst einmal bis zum Rückruftermin in der Werkstatt normal weiterfahren. Ausnahme: Man hört plötzlich ungewöhnliche Geräusche aus dem Motorraum – was aber auch grundsätzlich den Besuch in einer Werkstatt ratsam macht.

Unfälle oder gar Verletzungen im Zusammenhang mit diesem Problem sind dem Unternehmen nicht bekanntgeworden, so Stellantis in einer Mitteilung.

Wie finde ich raus, ob ich betroffen bin?

Die betroffenen Stellantis-Marken haben begonnen, die Halterinnen und Halter der betroffenen Fahrzeuge postalisch anzuschreiben, die Daten wurden vom KBA übermittelt. Allerdings wird der Rückruf gestaffelt durchgeführt. Die ältesten der betroffenen Autos haben da aus genannten Gründen die Priorität.

Wer vorher schon wissen will, ob er von Rückrufen betroffen ist, kann das über eine sogenannte FIN-Abfrage («Fahrzeugidentifikationsnummer») auf den Internetseiten der Marken nachschauen. Die Angaben zu Rückrufaktionen verstecken sich allerdings zuweilen in Untermenüs. Bei Opel beispielsweise muss man sich erst über die Unterpunkte «Opel Besitzer» und «Garantie & Serviceverträge» zur Seite «Prüfung auf Rückrufkampagne» klicken.

Wer schon weiß, dass sein Auto betroffen ist, aber bisher nicht benachrichtigt wurde und Urlaubspläne hat, kann bei Bedenken zum entsprechenden Markenhändler gehen und um einen Check bitten.

Was passiert in der Werkstatt, und wie lange dauert das?

Zum einen wird ein Software-Update aufgespielt, das unter anderem für einen etwas höheren Öldruck sorgt, das helfe der Kette, so der Stellantis Sprecher. Gegebenenfalls wird noch ein Ölwechsel gemacht.

Zudem wurde eine App entwickelt, mit der die Werkstatt die Geräusche der Kette analysieren kann. Wenn es ein Problem gibt, wird die Kette ausgetauscht. Mit der App soll dann nicht nur im Rahmen des Rückrufs, sondern bei jeder nachfolgen Wartung getestet werden.

Die Dauer für das Software-Update und Analyse der Kette taxiert der Sprecher auf unter eine Stunde. Sollte tatsächlich die Kette getauscht werden müssen, dauert die Reparatur entsprechend länger. In einem solchen Reparaturfall hat der Kunde aber einen Anspruch für ein Ersatzfahrzeug, etwa einen Werkstattwagen, so der Sprecher.

Es gibt eine Garantieerweiterung für die betroffenen Modelle 

Grundsätzlich hat Stellantis für die genannten Autos mit 1,5 BlueHDi-Dieselmotoren, die zwischen Oktober 2017 und Januar 2023 produziert wurden, eine Sonderkulanz für die betroffenen Bauteile eingeführt, die sich auf insgesamt zehn Jahre und 240.000 Kilometer erstreckt.

Wer aber bereits in der jüngeren Vergangenheit Schäden erlitten hat, kann bei Stellantis ab Mitte Juli 2025 auf einer Online-Plattform einen Antrag auf Entschädigung stellen.

Genauer: Wer zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 30. Juni 2025 bereits Reparaturkosten wegen eines Bruchs der Nockenwellenkette beim besagten Motortyp hatte, kann – allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen und nach Prüfung der erforderlichen Unterlagen – Anspruch auf Entschädigung haben.

Was ist der Unterschied zwischen freiwilligem und verpflichtendem Rückruf?

Einen verpflichtenden Rückruf kann das KBA anordnen, wenn die Sicherheit von Fahrer, Insassen oder anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Spiel steht. Etwa bei Defekten von Bremsen oder Airbags, nennt der ADAC als Beispiele.

Es kann aber auch um umweltrelevante Probleme gehen. Wer solch einem Rückruf nicht nachkommt, kann sogar die Zwangsstilllegung des Autos riskieren. Der ADAC rät dringend dazu, einen solchen Termin schnellstmöglich zu machen. Denn oft geht es um ein Unfallrisiko.

Wer ein gebrauchtes Auto hat und den Verdacht, der Vorbesitzer könnte einen Rückruf ignoriert haben, sollte zu einem Vertragshändler fahren. Der kann das über eine Datenbank abgleichen.

Dann gibt es die freiwilligen Rückrufe. Sie müssen in der Regel nicht verpflichtend wahrgenommen werden.

Diese unterteilen sich wiederum abermals in:

  • Sogenannte stille Aktionen: Diese betreffen eher Komfortthemen, deren Behebung oft nicht eilt. Sie werden «still» automatisch beim nächsten Servicetermin in der Werkstatt abgearbeitet, etwa manchmal auch nur ein Software-Update. Dem Kunden soll deswegen nicht ein extra Termin anfallen. Der ADAC rät, auch mit einem älteren Auto oder neuem Gebrauchtwagen in eine Markenwerkstatt zu fahren, um nachgucken zu lassen: Sind alle stillen Aktionen abgearbeitet worden?
  • Öffentliche Aktionen: Dabei werden die betroffenen Kunden etwa per Post oder zusätzlich auch über die Medien aufgefordert, in die Markenwerkstatt zu fahren. Dann ist das Risiko für weitere Schäden recht hoch.