Mit einem gewagten Strategietrick hat Lando Norris den 200. Formel-1-Sieg für McLaren eingefahren und im WM-Zweikampf mit Teamkollege Oscar Piastri wieder aufgeholt. Der Brite gewann den Taktikpoker in Ungarn vor seinem Stallrivalen, weil er mit einem Reifenwechsel weniger auskam. Dritter beim 40. Grand Prix auf dem Hungaroring wurde Mercedes-Pilot George Russell.
Der von der Pole Position gestartete Ferrari-Star Charles Leclerc musste sich nach langer Führung mit Platz vier begnügen und schimpfte am Funk wie ein Rohrspatz über Taktikfehler der Scuderia.
Eine weitere Enttäuschung setzte es auch für Weltmeister Max Verstappen. Sein 200. Rennen in einem Red Bull beendete der Niederländer nur als Neunter und verpasste schon zum vierten Mal in Serie das Podium. Als Dritter der Gesamtwertung liegt Verstappen nun schon 97 Punkte hinter Piastri und 88 Zähler hinter Norris.
Einen Ungarn-Ausflug zum Vergessen erlebte auch Nico Hülkenberg. Von weit hinten gestartet handelte sich der Sauber-Pilot eine Zeitstrafe wegen eines Fehlstarts ein und verabschiedete sich als 13. in die Sommerpause. Weiter geht es erst Ende August mit dem Rennen in Zandvoort.
Leclerc völlig unerwartet auf der Pole Position
Ziemlich überraschend hatte Leclerc in der Qualifikation den besten Startplatz erobert, nachdem die McLaren zuvor alle Trainings dominiert hatten. Für den 27-Jährigen und die Scuderia war es die erste Pole Position des Jahres, auch Leclerc selbst zeigte sich darüber völlig verblüfft.
Umso bitterer war dieser Erfolg für den zweiten Ferrari-Piloten: Lewis Hamilton. Der Rekordweltmeister bezeichnete sich nach seiner enttäuschenden Fahrt auf Startplatz zwölf als «absolut nutzlos» und empfahl Ferrari im ersten Frust: «Sie müssen wahrscheinlich den Fahrer tauschen.»
Teamgefährte Leclerc machte zu Beginn des Rennens das Beste aus seinem Startvorteil und verteidigte souverän die Führung in die erste Kurve. Norris griff von Platz drei seinen Stallrivalen Piastri an, kam aber nicht vorbei und musste stattdessen Russell und Fernando Alonso im Aston Martin passieren lassen. Zwar fing der Brite schon bald Alonso wieder ein, doch als Vierter nach den ersten Runden war Norris einer der Startverlierer.
Hülkenberg für Fehlstart bestraft
Schlecht lief es auch für Sauber-Fahrer Hülkenberg. Wegen eines kaum sichtbaren Fehlstarts belegten die Rennkommissare den Rheinländer mit einer Fünf-Sekunden-Strafe. Nach der völlig verpatzten Qualifikation und dem Start von Rang 18 war spätestens jetzt alle Hoffnung auf weitere WM-Punkte für den 37-Jährigen dahin.
An der Spitze hielt Leclerc seinen Verfolger Piastri zunächst auf Distanz. Auch nach den ersten Reifenwechseln behielt der Monegasse sein kleines Polster auf den WM-Führenden. Dennoch beklagte sich Leclerc am Boxenfunk, dass anscheinend die Renntaktik bei Ferrari vorab nicht ausreichend diskutiert worden war. «Wir verlieren das Rennen auf diese Weise», schimpfte er.
Auf Rang eins kreiste zu diesem Zeitpunkt Norris in seinem McLaren, der WM-Zweite schob seinen Boxenstopp hinaus und setzte auf eine Strategie mit nur einem Reifenwechsel. Als er schließlich nach 31 Runden an der Garage vorfuhr, gelang seinen Mechanikern in 1,9 Sekunden der bislang schnellste Reifenservice der Saison. Als Vierter machte sich Norris erneut auf die Jagd.
Verstappen-Team weiter im Formtief
Ungewohnt weit hinten kämpfte Titelverteidiger Verstappen um Anschluss. Heftige Balanceprobleme an seinem Red Bull hatten den Niederländer das ganze Wochenende geärgert. Bei seiner Ankunft auf dem Hungaroring hatte Verstappen noch alle Zweifel an einer weiteren Zukunft bei Red Bull ausgeräumt. Die anhaltende Formschwäche seines Teams dürfte dem Topstar aber weiter Kopfzerbrechen bereiten.
Für echtes Aufsehen im Rennen sorgte Verstappen nur einmal, als er in einem knallharten Duell Hamilton überholte. Der Ferrari-Fahrer musste in die Auslaufzone ausweichen, um eine Kollision zu vermeiden.
Ansonsten aber blieb das Ungarn-Gastspiel wie so oft eher arm an echtem Spektakel. So stellte sich in der Schlussphase vor allem die Frage, ob der Poker von Norris aufgehen würde. Piastri ließ den weiter schimpfenden Leclerc hinter sich und holte Sekunde um Sekunde auf seinen Teamrivalen auf, kam aber nicht mehr vorbei.